Solidarität mit den Beschäftigten von Leica Microsystems in Nußloch

Arbeitsgemeinschaften

Sehr geehrter Betriebsrat, liebe Beschäftigte von Leica Microsystems in Nußloch,

als Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen befasst sich die AfA Rhein-Neckar mit allen Themen die die Arbeitswelt und ihre Bedingungen betrifft. Leica Microsysteme in Nußloch war uns als Betrieb, der ordentlich gewirtschaftet und auch ausgebildet hat, bekannt. Nun haben wir mit Schrecken gehört, dass Ausbildung schon lange kein Thema mehr ist und die Produktionen aus unserer Region, nach China verlagert werden sollen. Dazu soll rund ein Drittel der Belegschaft gekündigt werden. Damit dies ohne größere Gegenwehr passieren kann, wird auch noch ihr Betriebsrat unter Druck gebracht.

Leider ist es in der heutigen Zeit des schnellen Profits üblich, hierzu Geschäftsleitungen auszutauschen, bei Ihnen schon dreimal in den vergangenen Jahren, und funktionierende Produktionen bewusst so zu beeinflussen, dass plötzlich oder schleichend, schlechte wirtschaftliche Zahlen herbeigeführt werden. Parallel versucht man mit verschiedenen Methoden auch die dazugehörigen gewählten Betriebsräte unter Druck zu bringen. Die Leidtragenden sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Genau das scheint bei Ihnen zu passieren, wenn wir hören, dass die Ausbildung ganz eingestellt, in keine Maschinen mehr investiert, der Leistungsdruck immer mehr erhöht wurde, nachdem man ein höchst profitables Unternehmen in Teilen heruntergewirtschaftet hat, und nun Kündigungen anstehen sollen, obwohl bei verantwortungsvollem wirtschaftlichen Handeln der Betrieb weiter gut dastehen würde.

Als AfA Rhein-Neckar verurteilen wir solche Methoden auf das Schärfste! Verantwortliches Handeln sieht anders aus, denn Betriebsräte sind gewählte Organe nach dem Gesetz und im vorgeschriebenen Rahmen an unternehmerischen Prozessen zu beteiligen. Es ist seit langem bekannt, dass Betriebe mit Betriebsrat zu besseren Arbeitsbedingungen, zu mehr Mitarbeiterbindung ans Unternehmen und vor allem dadurch zu wirtschaftlich bessere Zahlen zu mehr Profit auf lange Sicht führen. Dies belegt z.B. auch die Studie des Ökonoms Bernd Frick an der Universität Witten, der in einer repräsentativen Studie des Bremer Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) jährlich bundesweit Arbeitgeber von ca. 16.000 Betrieben befragt.
Gesetzlich gehört zu dieser Beteiligung auch, dass der BR frühzeitig informiert wird und ihm die entsprechenden wirtschaftlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Als AfA Rhein-Neckar mussten wir mit großem Bedauern feststellen, dass die Initiative zur Erhaltung der Arbeitsplätze in Nußloch nicht aktiv wahrgenommen wird und dem BR, mit Unterstützung der IG Metall, von der Unternehmensleitung die dazu notwendigen Zahlen vorenthalten werden. Kein vernünftig denkender Mensch glaubt einem Unternehmen, dass diese z.B. nicht zur Verfügung gestellt werden können, da unternehmerische Entscheidungen in der Regel auf diesem Zahlenmaterial basieren, denn sonst würden die Entscheidungen wie in einer „Bananenrepublik“ gefällt. Als Marktführer mit hervorragenden Produkten, besten Bilanzen und guter Arbeit ist es nicht nachvollziehbar, warum dann nicht in Maschinen investiert und ein Konzept zur Erhaltung der Arbeitsplätze unterstützt wird. Hier wurde seit 2005 bewusst umstrukturiert, um nun die Verlagerung damit begründen zu können.

Das Argument ihres Geschäftsführers Herrn Frei gegenüber der RNZ „wichtig ist die Präsenz vor Ort“ ist fadenscheinig, es geht hier um die Senkung der Personalkosten und um das Unterlaufen von Mitarbeiterrechen, denn vor Ort in China können Personalkosten niedrig werden, da dort sogenannte „Wanderarbeiter“ unter schlimmsten Bedingungen ausgebeutet werden. Dort gibt es keine Mitbestimmung und wenig Arbeitnehmerrechte. Will sich Leica damit in die Reihe der großen Ausbeuter menschlicher Arbeitskraft einreihen? Anscheinend schon.
Ebenso die Aussage „ die Verhandlungen mit dem BR stehen noch am Anfang“, ist eine Verschleierungstaktik für Sie als Belegschaft, damit weniger Engagement für den Erhalt der Arbeitsplätze kommt und das Unternehmen Zeit gewinnt. Zu was wird diese Zeit in der Regel genutzt? Um Sie und ihren BR unter Druck zu bringen! Wer von „Verhandlungen“ spricht, gibt zu, dass es Bedarf und Grundlage für diese gibt und sollte seiner Informationspflicht umgehend nachkommen. Denn niemand geht in Verhandlungen ohne ein Konzept dafür zu haben oder eine Vorstellung davon, wohin die Reise ,für mich als Unternehmer, hingehen soll, oder sind sie anderer Meinung?
Ein Unternehmen hat auch eine soziale Mitarbeiterverantwortung und es kann nicht sein, dass hier nur kurzfristiges Profitdenken zählt und viele Existenzen und ein gut laufender Unternehmenszweig vernichtet werden. Hier verliert Deutschland an Kaufkraft und wird als Wirtschaftsstandort von Leica abgewertet.

Mit 12 Produktionsstätten in sieben Ländern, Vertriebs- und Servicegesellschaften in 19 Ländern und einem Händlernetzwerk in mehr als 100 Ländern, hat der Standort Nußloch bisher gut funktioniert, warum sollte dies plötzlich anders sein?! Menschen und Unternehmen auf der ganzen Welt, achten immer mehr darauf, ob Unternehmen von denen sie Produkte erwerben, soziale Standarts einhalten und wie sie mit Beschäftigten umgehen. Hier in Verruf zu geraten, stünde einem Traditionsbetrieb und Marktführer schlecht zu Gesicht und hätte langfristig garantiert Auswirkungen auf die Bilanzen und Umsätze.

Wir möchten hiermit unsere Solidarität mit den Beschäftigten und dem Betriebsrat ausdrücken.Wir werden innerhalb der SPD, sowie auch außerhalb das Thema immer wieder ansprechen und darauf aufmerksam machen. Wir werden Sie und die IG Metall gerne im Kampf um die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze unterstützen, damit Leica zu verantwortlichem, wirtschaftlichem Handeln zurückkehrt.

In diesem Sinne solidarische Grüße von der AfA Rhein-Neckar,

Cordula Becker

 

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