Die Freitagspost: 50 Jahre Radikalenerlass – ein schwerer Fehler unserer Demokratie

Woche für Woche

Bild: W. Hermann (Fotostab am IfP - Institut für Publizistik FU Berlin) / CC-BY-SA

In der heutigen Freitagspost schreibt Daniel über den Radikalenerlass, der heute vor 50 Jahre erlassen wurde, und über den gestrigen Holocaust-Gedenktag.

Eine Demokratie hat man nicht – eine Demokratie erarbeitet man sich. Jeden Tag aufs Neue: In jeder Handlung, in jedem Gespräch und in jeder Entscheidung. Heute jährt sich zum 50. Mal ein Tag, an dem unsere Demokratie einen schweren Fehler begangen hat. So schwer, dass er viele Biografien zerstören und Angst verbreiten konnte. Der sogenannte Radikalenerlass von 1972 hat in vielen Fällen zu erheblichem Unrecht geführt. Demokratisch gewählte Politiker*innen haben einen Fehler gemacht, der – das muss man heute so sagen – der Demokratie massiv geschadet hat. Die baden-württembergische Landesregierung sollte endlich den Mut haben und sich für das Land endlich zu diesem Unrecht bekennen und bei den Betroffenen entschuldigen. Die Aufarbeitung darf nicht länger auf die lange Bank geschoben werden. Das sind wir den Betroffenen schuldig.

Während andere Bundesländer längst diesen Schritt gegangen sind, hat man den Eindruck, dass Kretschmann und seine Regierung bei der Aufarbeitung des Radikalenerlasses seit Jahren auf Zeit spielen. Zeit, die den betroffenen Menschen aufgrund ihres oftmals fortgeschrittenen Alters leider nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Der Radikalenerlass hat vielfach zu Unrecht geführt und ist für viele Betroffene und ihre Familien nach wie vor mit persönlichem Leid und Nachteilen verbunden. Es ist an der Zeit, dass die Landesregierung endlich einen Weg findet, ihrem Bedauern über den Erlass und das damit verbundene Leid angemessen Ausdruck zu verleihen.

Wir von der SPD machen hier parlamentarisch Druck und haben nun wieder einen Antrag gestellt. Demokratien haben die Kraft auch Fehler einzugestehen. Unsere Demokratie sollte nun die Kraft aufbringen, dies genau hier gegenüber den Betroffenen des Radikalenerlasses zu tun.

Foto der Woche: #weremember – gestern war der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Viele von Ihnen und Euch waren auf Veranstaltungen, haben Fotos gepostet oder Stolpersteine geputzt. Und vielleicht den Tag auch zum Anlass genommen mit Familie, Kolleg*innen und Nachbar*innen darüber zu sprechen, wie wir das „Nie wieder“ jeden Tag stärken können. Für mich begann der Tag mit der zentralen Veranstaltung des Landtags und der Kranzniederlage am Erinnerungsplatz für der deportierten und ermordeten Sinti und Roma in Ravensburg. Danach besuchte ich die Veranstaltung „Zeichen setzen“ in Bad Schönborn mit einer Gedenkfeier am jüdischen Friedhof und einer Erinnerung an der Ludwig-Marum-Stehle vor dem ehemaligen KZ Kislau.

 

Homepage Daniel Born MdL – Vizepräsident des Landtags von Baden-Württemberg