Neue Ideen für die Wohnungsbaupolitik werden gebraucht!

Ortsverein

v.li. Reiner Nimis, Thomas Funk, Jürgen Berger, Gitarrist Christoph Rösch, Bürgermeister Eric Grabenbauer

Mit den eingehenden Gitarrenklänge der bekannten Melodie Oye como va von Carlos Santana wurde der diesjährige Neujahrsempfang eröffnet. Wie Jürgen Berger in seinem Begrüßungswort betonte, ist Wiesenbach keine arme Gemeinde. Das durchschnittliche Einkommen liege eher im oberen Bereich. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen sei „günstiger Mietraum Mangelware in Wiesenbach“. „Im Neubaugebiet Langenzeller Buckel wurden viele Einfamilienhäuser gebaut, aber bei den Mietwohnungen gibt es weiterhin einen großen Bedarf“, so der Ortsvorsitzender der Wiesenbacher SPD. Auf Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion beschäftigte sich der Gemeinderats bei seiner vergangenen Klausurtagung mit diesem brisanten Thema und welche neuen Wege man für dieses Ziel gehen könnte. Der Blick in die Rhein-Neckar-Zeitung vom Donnerstag zeigt, dass „dies ein aktuelles und spannendes Thema ist, das viele Kommunen in Deutschland beschäftigt.“

Auch der Bürgermeister, Erik Grabenbauer, bestätigte in seinem Grußwort den knappen sozialen Wohnraum in Wiesenbach. Zwar kam das Neubaugebiet Langenzeller Buckel zur richtigen Zeit, dort habe die topographische Lage keinen sozialen Wohnungsbau zugelassen. Die Diskussion im Gemeinderat zeigte, dass man eine Innenentwicklung der Gemeinde einer weiteren Außenentwicklung vorziehe. „Viele Wohnungen stehen leer und werden aber von Besitzern aus unterschiedlichen Gründen nicht als Mietraum angeboten.“, führt Erik Grabenbauer weiter aus. Gerne würde die Gemeinde bestehende Mehrfamilienhäuser anmieten oder ankaufen, aber die finanziellen Möglichkeiten lassen dies nicht zu. Mit dem anstehenden Neubau eines kommunalen Kindergartens und der Sanierung der Umleitungsstrecke Panoramastraße, Goethestraße und Sicherstraße werden weitere große finanzielle Belastungen auf die Gemeinde zukommen. „Es braucht starke Partner sowohl öffentliche als auch private, um sozialen Wohnungsbau zu ermöglichen.“, führt er weiter aus. Er erhoffe sich, von diesem Abend ein paar Ideen, wie eine Gemeinde, wie Wiesenbach, den sozialen Wohnungsbau besser fördern könne.
Thomas Funk, Vorsitzender der SPD Rhein-Necker, betonte in seinen Grußworten, dass die SPD Wiesenbach beim diesjährigen Neujahrsempfang ein aktuelles Thema anschneidet. Leider gibt es in Baden-Württemberg seit über 20 Jahre keine wirkliche Förderung im Bereich des sozialen Wohnungsbaus mehr. „Doch gerade im Rhein-Neckar-Raum, als ein prosperierender Wirtschaftsraum, steigt die Nachfrage nach Wohnungen rasant. Mit der Folge, dass gerade Familien kaum bezahlbaren Wohnraum in Innenstadtlagen mehr finden“, erklärt Thomas Funk weiter. Die Förderung bleibe hinter dem Bedarf zurück, daher müsste in einem Wohnraumbeschleunigungsgesetz gerade die Familienförderung besondere Beachtung finden. Gerade erst vor ein paar Stunden wurde das Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen der Union und der SPD in Berlin publik und auch dort war der soziale Wohnungsbau ein wichtiges Thema. Aus den Ergebnissen der Sondierungsgespräche geht hervor, dass 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen sollen, um die Wohnungsnot gerade in Ballungsräumen zu beheben. "Wir schaffen steuerliche Anreize für den freifinanzierten Wohnungsbau", heißt es im Sondierungspapier.
Reiner Nimis, der 33 Jahres Aufsichtsrat der Baugenossenschaft Neu Heidelberg gewesen ist, betonte gleich zu Beginn, dass er nicht sagen könne, wie man der Problematik Herr werden könnte. Er könne ein paar Anregungen mit auf dem Weg geben, aber keine Lösungen, die immer und überall funktioniere. Anhand eines Gedichtes „Das Ideal“ von Kurt Tucholsky zeigte er auf, dass nicht alle Wünsche zum Wohnen erfüllt werden können. Verwundert zeigte sich Nimis, dass das Thema Wohnungsbau im Bundestagswahlkampf kaum Beachtung gefunden hat: In diesen Tagen zeigt sich jedoch, „welche große Brisanz es zu diesem Thema gibt“. Wohnen ist ein grundlegendes Bedürfnis eines jeden Menschen und auch wenn es nicht namentlich im Grundgesetz genannt sei, sei dies durch den Artikel 1 - „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – eine wichtige Aufgabe des Staates, der Länder und Kommunen entsprechende Rahmenbedingen für einen sozialen Wohnungsbau in Deutschland zu schaffen.  
Dennoch gehe es nicht ohne das Engagement der Menschen vor Ort. Die Baugenossenschaft Neu Heidelberg feiere in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Gegründet wurde die Genossenschaft zu einer Zeit, in der die Kriegsheimkehrer und entwurzelten Menschen eine neue Heimat suchten und zum größten Teil unzumutbare Wohnungsverhältnisse vorfanden. Christian Stock, ein SPD-Stadtrat der damaligen Zeit, gründete die Initiative der Genossenschaft. Dafür fanden sich 69 Heidelberger Bürger mit unterschiedlichsten sozialen Hintergrund dafür zusammen. Die Stadtverwaltung Heidelberg stellte der Genossenschaft Grundstücke und vergünstigte Darlehen zur Verfügung und so konnte mit diesem Beispiel privater Eigeninitiative mit kommunaler Förderung, in verhältnismäßig kurzer Zeit Wohnraum im Pfaffengrund geschaffen werden.
 
„Die Genossenschaft war und ist ein wichtiger Baustein bei der Problembewältigung der Wohnungsnot in Deutschland, aber immer mit einer Kopplung an die Gemeinnützigkeit,“ erklärt Reiner Nimis weiter. „Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz verlangte, dass die Genossenschaften max. 4% des Ertrags an die Mitglieder ausschütten und den Rest wieder in die Wohnungen investiere.“ 50 Jahre bestand dieses Gesetz, dann habe die CDU-FDP geführte Koalition wichtige Punkte dieses Gesetzes abgeschafft. Als Folge sei der soziale Wohnungsbau zurückgegangen und aufgrund des Privatisierungsgedankens der Koalition wurden bestehende Wohnungen verkauft worden, um Haushaltlöcher zu stopfen. Folglich sei die heutige Situation eine Entwicklung einer verfehlten Wohnungsbaupolitik der 1980er Jahre.

Die aktuelle Situation ist geprägt durch die prosperierende Lage innerhalb des Rhein-Neckar-Gebiets und in räumlicher Nähe zu großen Wirtschaftszentren, wie bspw. Frankfurt. Ein weiteres Problem sind die Strömungen zur Stadt, aber auch der Gegenbewegung mit einem Umzug aufs Land. Diese sind kaum plan- oder koordinierbar. Dennoch wäre es sowohl für die städtischen als auch ländlichen Kommunen von unschätzbaren Wert, wenn man sich in offenen Diskussionsrunden über die Problematiken austauschen und gemeinsame Lösungen finden würde, bspw. studentisches Wohnen in stadtnahen Kommunen.

Außerdem sollten Kommunen offener hinsichtlich privater Initiativen sein. So könnte bspw. beim Bauanträgen privater Investoren die Landesbauordnung großzügiger ausgelegt werden, da die Forderungen dieser oftmals kontrovers zum angepeilten Mietpreis laufen.
Außerdem kam Peter Nimis auf das von Erik Grabenbauer in seiner Begrüßungsrede genannte Problem zu sprechen, dass viele Einwohner aus unterschiedlichen Bedenken freien Mietraum nicht mehr vermieten. „Vielleicht könnte die Gemeinde als Hauptmieter auftreten und so dem Vermieter ein paar Bedenken nehmen“, schlug er vor. Allerdings könnte dies auch wunderbar eine Genossenschaft, die sich aus Bürgerinnen und Bürgern Wiesenbachs, egal welchen politischen Couleurs und egal welcher Einkommensschicht zusammensetzt, gehandhabt werden.
 
Abschließend fasste er seinen interessanten und umfangreichen Vortrag wie folgt zusammen: Sowohl auf Bundes- als auch auf Landtagsebene muss das Thema wieder in den Blickpunkt der Politiker gerückt werden. Es gilt Rahmenbedingungen zu schaffen und Hilfe zu leisten. Dazu ist die Eigeninitiative der Menschen vor Ort unerlässlich, damit sich zeitnah die Dinge ändern. Peter Nimis spricht sich für eine Allianz gegen die Wohnungsspekulanten aus und für einen Schutz der bereits vorhanden sozialen Wohnungen. Erfahrungen der Vergangenheit geben gute Hoffnung für die Zukunft. Vergangene Fehler der Politik müssen ausgebügelt werden und mit neuer Tatkraft neue Wegen begangen werden.

Erneut folgten viele Besucher dem spannenden Neujahrsempfang der Wiesenbacher SPD

Musikalisch wurden der Empfang von Christoph Rösch umrahmt, der mit seiner Gitarre einen Bogen durch die Zeit spannte, von „I say a little Prayer“ von Aretha Franklin über „Tears in Heaven“ von Eric Clapton bis hin zur Titelmelodie der Fantasy-Serie „Games of Thrones“. Er rundet den Abend wunderbar ab und begeisterte mit seinem Gitarrenspiel alle Gäste des Abends. Vielen herzlichen Dank dafür!

 

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